Biologisch imkern in der Stadt
Ein Widerspruch?

In diesem Titel finden sich Begriffe, die womöglich für einige von Euch nicht zusammenpassen. Imkern in der Stadt? Und das auch noch biologisch?

Vorab sollten wir kurz klären, was biologisches Imkern überhaupt bedeutet. Um Bienen biologisch zu halten, müssen einige Grundsätze eingehalten werden. Dazu zählen unter anderem:

  • Die Bienen müssen an geeigneten Standorten gehalten werden.

  • Die Bienen müssen bienenfreundlich behandelt werden.

  • Die Zufütterung darf ausschließlich mit biologischem Futter erfolgen.

  • Die Bekämpfung von Krankheiten darf nur mit ausgewählten Wirkstoffen durchgeführt werden. Dazu gehört auch, dass die Prävention von Krankheiten eine wichtige Rolle spielt.

  • Die Bienenstöcke müssen aus natürlichen Materialien bestehen (kein Plastik oder Styropor).

Wie ist es nun aber möglich in der Stadt biologisch zu imkern? 

Wir beziehen uns hier auf unseren Standort in Wien. Die Stadt Wien setzt bei ihren Pflanzenschutzmaßnahmen besonders auf biologische Pflanzenschutzmittel. Die verwendeten Mengen an konventionellen Pflanzenschutzmitteln sind so gering, dass sie für die Bio-Zertifizierung quasi nicht relevant sind, weil im Verhältnis viel, viel geringer als am Land mit konventioneller Landwirtschaft. Die Wiener Landwirtschaftsflächen werden zudem zu 31 Prozent biologisch bewirtschaftet und liegen damit im österreichischen Spitzenfeld!

Die Bienenstöcke werden an Standorten aufgestellt, so dass sich im Umkreis von drei Kilometern ausreichend natürliche Nektar- und Pollenquellen befinden. Das ist in Wien ebenso kein Problem, da es ausreichend Parks, Grün- und Blühflächen gibt. Die wichtigsten Nahrungsquellen stellen allen voran die blühenden Bäume dar: Kastanien, Linden, Ahorn, Götterbaum, Kirsche und noch viele andere. (Siehe Blogartikel "Die Wiener Bezirkshonige sind Lagenhonige")

  
Bild: Blühende Kastanie vor dem Kunsthistorischen Museum Wien (li.) Blühstreifen in Wien (re.)

Bienenfreundliche Haltung bedeutet, ...

... dass wir uns sowohl im Umgang mit den Bienen, als auch bei den Pflegemaßnahmen an den natürlichen Bedürfnissen der Bienen orientieren. Ein ausschlaggebendes Kriterium der Bio-Bienenhaltung ist, dass die Flügel der Königin nicht gestutzt werden dürfen, um sie am Schwärmen zu hindern. Wir achten darauf, dass den Bienen genügend Platz für ihre Brut zur Verfügung steht und damit einhergehend beugen wir dem “Schwärmen” vor.  Das Schwärmen ist zwar ein natürliches Verhalten eines Bienenvolkes, um sich zu teilen - aber ein Bienenschwarm findet weder in der Stadt noch in der zunehmend “aufgeräumten” Kulturlandschaft ein passendes Zuhause und so erleben viele solcher “wilden” Schwärme meist das nächste Frühjahr nicht. Immer seltener werden natürliche Baumhöhlen, weil solcherart schon alternde Bäume vielfach aus Sicherheitsgründen sofort entfernt werden.

Während der Honigernte werden die Bienen vorsichtig und sanft von den Waben entfernt. Wir setzen hierbei auf ein kleines, aber sehr praktisches mechanisches Hilfsmittel: die Bienenflucht. Die Bienenflucht wird am Abend vor der Ernte zwischen dem Brutraum und dem Honigraum eingesetzt und funktioniert wie ein One-Way Leitsystem. Bienen können vom Honigraum in den Brutraum migrieren, aber nicht umgekehrt. So ist der Honigraum am nächsten Morgen, wenn wir zur Ernte kommen, meist schon komplett bienenfrei, weil die Bienen über Nacht hinunter zu ihrer Königin gezogen sind. Durch die Trennung von Brut- und Honigwaben innerhalb des Bienenstocks, ist garantiert, dass keine Waben, welche Brut enthalten, zur Honiggewinnung verwendet werden.

 
Bild: Honigernte bei den Josefstädter Bezirksbienen im Palais Auersperg. Rechts Fütterung mit bio. Zuckersirup.

Bienen legen aber auch direkt rund um die Brut einen Futtervorrat an - dort wo sie ihn schnell verfügbar haben, um Jungbienen aufzuziehen. Dieser Vorrat reicht aber meist nicht, um über die lange winterliche Kaltperiode zu kommen. Daher füttern wir unsere Bienen im Spätsommer und Herbst mit biologischem Zuckerteig oder einem speziellen BIO-Flüssigfutter.
Um die Bienenvölker gesund zu halten, ist die Prävention vor möglichen Krankheiten besonders wichtig. Die biologische Bienenhaltung setzt hier auf systematische Inspektionen der Völker, um frühzeitig potentielle Krankheitserreger zu erkennen und zu entfernen. Außerdem sind nur natürliche Mittel gegen Schädlinge und Krankheiten zugelassen. Die Bienenstöcke dürfen ausschließlich aus natürlichen Materialien wie Vollholz, Stroh oder Lehm bestehen. Dies gilt, um die Imkererzeugnisse (also Honig, Pollen und Propolis) nicht zu verunreinigen (z.B. durch Mikroplastik).
Die Herstellung von biologischem Honig verlangt einen schonenden Umgang mit dem Produkt. Unser Honig wird lediglich gefiltert (um Wachsreste und Ähnliches zu entfernen) und niemals über einen längeren Zeitraum erwärmt (hohe Temperaturen würden die wertvollen Inhaltstoffe zerstören). Zur Lagerung kommt er in Edelstahltanks oder wird gleich in Gläser abgefüllt. Zur Gesundheits- und Qualitätskontrolle werden sowohl Honig- als auch Wachsproben regelmäßig im Labor untersucht.

 
Bild: Abfüllung des Wiener Bezirkshonig in Gläser. Kombilogo EU-Bio und BIO-AUSTRIA.

BIO-Zertifizierung und Gütesiegel

Auf dem Etikett der Wiener Bezirkshonige findet man sowohl das EU-Bio-Logo als auch das BIO-Austria Logo. Diese Güte-Siegel bezeugen, dass der Wiener Bezirkshonig den strengen Kriterien der biologischen Bienenhaltung und Produktverarbeitung entspricht.
Wenn wir schon bei Gütesiegel sind: Die Wiener Bezirksimkerei ist auch Teil der AMA Genussregion und der Wiener Stadternte. Beide versprechen den Konsument:innen standardisierte Qualität und regionale bzw. lokale Herkunft bei den Direktvermarkter:innen.


Bild: Die Wiener Bezirksimkerei ist Teil der AMA Genussregion: Wiener Bezirksbienen vor AMA Genussregion Schild.

Die Wiener Bezirksimkerei versteht sich als Pionierin der biologischen Stadtimkerei. Die Stadt bietet genügend Platz und sogar manche Vorteile, um Bienen ein Zuhause zu geben. Bienen finden im urbanen Raum ein vielfältiges Nahrungsangebot - das macht sie widerstandsfähig und hält sie gesund. Wien hat die höchste Biodiversität in Österreich, was der biologischen Bienenhaltung auch entgegenkommt, weil ein abwechslungsreicher Speiseplan gesündere Bienen ergibt. In der Stadt ist es meist ein paar Grad Celsius wärmer - auch das kommt der wärmeliebenden Biene grundsätzlich zugute (nicht zu verwechseln mit der Erwärmung im Zuge des Klimawandels!). Mehr als 70% unserer Bienenvölker stehen auf Dächern, damit wird dieser Platz sinnvoll genutzt und Menschen und Bienen können ungestört voneinander co-existieren und profitieren.

Biologische Stadtimkerei - auch wenn dies im ersten Moment außergewöhnlich klingt, ist für uns eine Selbstverständlichkeit geworden. Hoffentlich nun auch für dich!


Weiterführende Links
https://www.sgs-kontrolle.at/bio/download/Bienenhaltung.pdf
https://www.bio-austria.at/d/bauern/produktionsrichtlinien-bienen/
https://www.wien.gv.at/kontakte/ma42/pflanzenschutz-massnahmen.html
https://www.genussregionen.at/de/guetesiegel
https://www.genussregionen.at/de/betrieb/wiener-bezirksimkerei
https://www.bio-austria.at/biobauer/wiener-bezirksimkerei/
https://www.stadtlandwirtschaft.wien/betrieb/1000010/wiener-bezirksimkerei

Das Wiener Bezirksoxymel
unsere populäre Neuinterpretation eines traditionellen Heilmittels